
Barrierefreiheits-Pflicht
Was Unternehmen wissen müssen
Die Barrierefreiheits-Pflicht ist ein zentrales Thema für Unternehmen, Behörden und Dienstleister. Seit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/882 (European Accessibility Act, EAA) und deren nationaler Ausgestaltung in Deutschland durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) gelten neue Vorgaben für digitale und physische Produkte sowie Dienstleistungen.
Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen und älteren Personen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben zu ermöglichen. Unternehmen müssen ihre Angebote entsprechend anpassen – andernfalls drohen rechtliche Konsequenzen.
In diesem Beitrag erläutern wir:
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Was bedeutet Barrierefreiheit?
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Rechtliche Grundlagen der Barrierefreiheits-Pflicht
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Betroffene Produkte und Dienstleistungen
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Umsetzungsfristen und Strafen bei Nichteinhaltung
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Praktische Schritte zur Umsetzung
1. Was bedeutet Barrierefreiheit?
Barrierefreiheit bedeutet, dass Produkte, Dienstleistungen und digitale Angebote so gestaltet sind, dass sie von allen Menschen uneingeschränkt genutzt werden können – unabhängig von körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen.
Beispiele für Barrierefreiheit:
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Digitale Barrierefreiheit: Websites und Apps mit Screenreader-Kompatibilität, ausreichend Kontraste, klare Navigation.
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Physische Barrierefreiheit: Rollstuhlgerechte Zugänge, taktile Leitsysteme, barrierefreie Bedienungsanleitungen.
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Dienstleistungen: Leichte Sprache, Gebärdensprachdolmetscher, barrierefreie Kommunikation.
2. Rechtliche Grundlagen der Barrierefreiheits-Pflicht
a) European Accessibility Act (EAA, 2019/882)
Die EU-Richtlinie verpflichtet Mitgliedsstaaten, Barrierefreiheits-Standards für bestimmte Produkte und Dienstleistungen verbindlich festzulegen. Sie gilt für:
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Digitale Angebote (Websites, mobile Apps, E-Books, E-Commerce)
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Hardware (Geldautomaten, Ticketautomaten, Selbstbedienungsterminals)
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Dienstleistungen (Banken, Verkehr, Telekommunikation, E-Books)
b) Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG, Deutschland)
Das BFSG setzt die EU-Vorgaben in nationales Recht um und konkretisiert die Anforderungen. Es gilt ab 28. Juni 2025 für neue Produkte und ab 28. Juni 2030 für bestehende Angebote.
c) Weitere relevante Gesetze:
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Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) – für öffentliche Stellen
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Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) – für öffentliche Websites und Apps
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BITV 2.0 – Technische Standards für digitale Barrierefreiheit
3. Für welche Unternehmen gilt die Barrierefreiheits-Pflicht?
Die Pflicht betrifft:
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Hersteller von betroffenen Produkten (z. B. Banken mit Geldautomaten, Verlage von E-Books)
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Dienstleister (z. B. Online-Händler, Telekommunikationsanbieter, Verkehrsunternehmen)
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Öffentliche Stellen (Behörden, Universitäten, staatliche Websites)
Betroffene Produkte und Dienstleistungen (Auszug):
✅ Digitale Angebote
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Websites & mobile Apps (insbesondere E-Commerce, Banken, Versicherungen)
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E-Books & E-Reader
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Betriebssysteme & Software
✅ Hardware-Produkte
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Geld- & Fahrkartenautomaten
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POS-Terminals (Kassen)
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Selbstbedienungskioske
✅ Dienstleistungen
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Bankdienstleistungen (Online-Banking)
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Telefon- & Internetdienste
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Personenverkehr (Buchungssysteme)
4. Fristen und Sanktionen bei Nichteinhaltung
Umsetzungsfristen:
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Ab 28. Juni 2025: Neue Produkte/Dienstleistungen müssen barrierefrei sein.
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Ab 28. Juni 2030: Bestehende Produkte/Dienstleistungen müssen nachgerüstet werden.
Mögliche Sanktionen:
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Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbände
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Bußgelder (Höhe je nach Bundesland unterschiedlich)
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Klagen durch Betroffene (Diskriminierungsverbot nach AGG)
5. Wie setzen Unternehmen Barrierefreiheit um?
Schritt 1: Prüfung der betroffenen Angebote
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Welche Produkte/Dienstleistungen fallen unter die Pflicht?
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Bestehende Barrieren identifizieren (z. B. durch Accessibility-Audits).
Schritt 2: Technische Umsetzung
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Web & Apps: Einhaltung von WCAG 2.1 (Level AA)
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Kontraste, Screenreader-Tauglichkeit, Tastaturbedienbarkeit
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Hardware: Taktile Elemente, Sprachausgabe, Rollstuhlzugang
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Dokumente: Barrierefreie PDFs, Leichte Sprache
Schritt 3: Schulung der Mitarbeiter
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Sensibilisierung für Barrierefreiheit
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Schulungen zu assistiven Technologien
Schritt 4: Regelmäßige Überprüfung
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Kontinuierliche Tests mit Nutzern mit Behinderungen
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Anpassung an neue Standards
Fazit: Barrierefreiheit als Chance
Die Barrierefreiheits-Pflicht ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch eine Chance für Unternehmen, ihre Zielgruppe zu erweitern und soziale Verantwortung zu zeigen. Wer frühzeitig handelt, vermeidet rechtliche Risiken und profitiert von einer inklusiven Kundschaft.
Handeln Sie jetzt – bevor es teuer wird!
Weiterführende Links:
Haben Sie Fragen zur Umsetzung? Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung!
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